Shinzen Jiai
Am Samstag, den 9. April hatte der Kendoverband Berlin zu einer Premiere geladen. Downtown Berlin, mitten in Mitte, in der wunderschönen Franz-Mett-Sporthalle, klein, aber mit Wandelgang und
Galerie, sollte das erste Shinzen Jiai des KenVB stattfinden, ein Freundschaftsturnier für alle Berliner Kendoka. Und nachdem man sich den Weg durch die Touristen und Hipster gebahnt hatte, die
in dicken Trauben vor Sneakers-Fashion-Stores lagerten, um die heissesten Sportschuh-Modelle zu ergattern, gelangte man zu all den anderen Verrückten, die Sport lieber ohne Schuhe betreiben: 22
Kendoka aus allen sieben Berliner Kendo-Vereinen und beider Geschlechter mit den verschiedensten Graduierungen (6. Kyu bis 4. Dan) sowie ein gutes Dutzend Kampfrichter und liebenswerte
Helfer.
Das Event war zum einen gedacht, um Kampfrichteranwärtern und Kampfrichtern Praxisgelegenheit zu vermitteln, zum anderen, um mehr Wettkampfmöglichkeiten in Berlin anzubieten. Daher präsentierte
Björnstjern Baade auch ein neues Turniersystem, angelehnt an das Schweizer System bei Schachturnieren oder das Mac-Mahon-System bei Go-Wettkämpfen.
Jeder Wettkämpfer und jede Wettkämpferin hatte mindestens fünf Wettkämpfe garantiert und startete dabei gegen nominell (also gemäß der Graduierung) Ebenbürtige. Im Wettkampfverlauf schob man sich
entsprechend der Siege und Treffer nach oben - konnte aber auch wieder nach unten durchgereicht werden. In der Theorie sollte so bei diesem Teilnehmerfeld nach fünf Runden ein Tableau entstehen,
dass die Wettkampfstärken realistisch wiedergab. Die besten Vier machten die endgültigen vorderen Plätze dann unter sich noch in zwei Halbfinals und einem Finale aus.
Von Tegeler Seite waren Christian Hölz und Sven Schabram unter den Kämpfern, Martin Richter und Torsten Weller unter den Kampfrichtern. Der Wettkampfmodus hat sich als tolle Ergänzung zur
Berliner Einzel- und Mannschaftsmeisterschaft und zum Internationalen Kyu-Turnier erwiesen. Es herrschte eine schöne Gemeinschaftsatmosphäre, alle konnten das Fallen und Steigen aller über den
ganzen Turnierverlauf miterleben, nicht nur das der üblichen Turnierdauerbrenner - das auch und das auch mit tollen Kämpfen von Brendan Hickey, Stepan Baronin, Stefan Linz und Antoin Gascoin, der
das Turnier gewonnen hat. Wenn man z.B. den zweiten Kampf verloren hatte, war es eine sehr positive Motivation, noch drei Kämpfe zu haben, um wieder halbwegs in der Region zu landen, in die man
den eigenen Ansprüchen nach gehörte. Es hätte besser laufen können für Christian und für mich, aber jeder Eitelkeit und jedem Selbstbild tut ein Spiegel gut. Für das Berliner Kendo hätte es mit
dieser Premiere nicht besser laufen können. Nachdem alle ihrer Begeisterung Ausdruck verliehen haben, stehen die Chancen gut, dass man das Ganze im nächsten Jahr wiederholt.
Sven Schabram