12.09.2015
Open up! Zum Lehrgang mit Detlef Viebranz (Kyoshi, 7. Dan Kendo) und Ralph Lehmann (Kyoshi, 7. Dan Kendo)
am 12. und 13. September 2015 Die Kendo-Welt ist gut vernetzt; aber dass sie telepathisch agiert,
hatte ich noch nicht gewusst. Als ich am Montagmorgen nach unserem Lehrgang mit Ralph Lehmann und
Detlef Viebranz im Internet den Kendo-Blog von Geoff Salmon öffne, ist dort über das Prüfungsscheitern
vom 3. bis zum 5. Dan Folgendes zu lesen: „the cause of failure was almost identical – the lack of seme“ (www.kendoinfo.net) und auch im Weiteren werden die Aspekte, die Ralph und Detlef benannt haben, auch hier beinahe wortwörtlich geschildert. Nun, vielleicht liegt der inhaltliche und zeitliche Gleichklang daran, dass alle drei sich „7. Dan Kyoshi“
nennen dürfen und dass sie einfach stehende Weisheiten vermitteln, all the time, again and again.
„Seme“ war unser Lehrgangs-Thema und dass nicht nur, weil einige vielleicht die Prüfung zum 3. Dan bestehen wollen, sondern auch, weil vielen Kyu-Trägern dieser Begriff immer etwas mystisch zu sein scheint. Vielleicht ist er das auch.
In einer Dimension. Um die andere haben sich Ralph und Detlef gekümmert und uns verdeutlicht, wie man angreift - ganz praktisch. Wie man einen Angriff vorbereitet, wie man Gelegenheiten schafft und wie man sich unter Spannung setzt,
um den Angriff durchzuführen. An der Nihon-Kendo-Kata-Demonstration der beiden wurde das sehr deutlich: das Ausgerichtet sein auf den Partner ist das A, die Atemreserve im Unterbauch für das Angriffs-Kiai das O und die Körperspannung, insbesondere die Feder-Funktion des linken Beines, alles andere dazwischen. Ein paar Notizen habe ich mir dann tatsächlich gemacht, die beim Wiederlesen dann doch das Mystische streifen, zumindest das Paradoxe und die aber auch zu den Weisheiten gehören, die das Kendo zu bieten hat: Shichachi (4. Form): „Ich bedrohe durch meine Offenheit und biete eine Situation, die der Uchidachi zu seinem Nachteil ausnutzt.“ Seme (und Zanshin) heißt auch,
immer konzentriert auf die aktuelle Situation zu sein, diese zu kontrollieren und ihre Möglichkeiten und Folgen zu überblicken. Der Shidachi übt Seme aus, indem er im Ein-Schritt-Schlagabstand die Spannung im Spitzenkontakt leicht abfallen lässt, um dem Uchidachi eine Möglichkeit des Schlagens zu suggerieren. (2. und 3 Form.) Die vorgetäuschte Möglichkeit zum Tsuki-Angriff des Uchidachi in der 7. Form ist der Anfang des Endes des Uchidachi, weil dieser durch das Misslingen zu einem verzweifelten Men-Angriff ansetzt, der nicht gelingen kann, wenn der Shidachi die Situation kontrolliert und korrekt Do schlägt. Aber Schluss mit der Schriftlichkeit! Blogs lesen ist ein netter Zeitvertreib, wir am Samstag und Sonntag konnten aber froh sein, hören und sehen und fühlen zu können, was Seme ist, was es nicht ist und was es sein kann. A pro pos fühlen: Mit geschlossenen Augen Kendo zu machen war neu und hat ziemlich Spaß gemacht! Wenn es auch diesmal nur die Einnahme des Kamaes war und ein wenig Spitzenkontakt und Seme-Ai, vielleicht kommt beim nächsten Mal auch noch das Schlagen hinzu, vielleicht kann man sich dann noch besser öffnen, um das Kamae des Partners zu öffnen! In diesem Sinne: Open up to open up!
Sven Schabram