Das "Erste Mal" – oder "Die Rüstung"

 

17.03.2012

 

In jeder Sportart gibt es ein persönliches Highlight, sei es z.B. im Handball seine eigene Spielernummer oder im Fußball das erste Mal als Stammspieler auf dem Platz und das von Anfang an. Auch im Kendo gibt es solch einen Moment, und der ist dann gekommen, wenn man seine Rüstung bekommt, diese zusammenbaut und das erste Mal mit ihr trainiert.

Die "Bogu", so nennt man die Rüstung beim Kendo, besteht aus insgesamt vier Teilen – Men (eine Art Helm mit Gesichtschutz), Kote (Handschuhe), Do (Harnisch/Brustpanzer) und Tare (gegliederter Unterleibschutz). Ferner gehört dann noch das Tenugui (Kopftuch), das man unter dem Men trägt, sowie ein Zekken mit Namen und dem Verein dazu. Wie alles beim Kendo unterliegt der Zusammenbau als auch das Anlegen der Bogu bestimmten Ritualen und Vorgehensweisen, die auf eine sehr lange Tradition beruhen, aber auch die Sicherheit des Kämpfers berücksichtigen.

Mein "Bogu-Tag" war der 17. März, dem ich mit Ungeduld entgegengefiebert aber auch mit ein wenig Angst oder Respekt entgegengesehen habe. Ich habe mir den Luxus geleistet und eine auf meine Körpermaße zugeschnittene Rüstung gekauft. Natürlich war diese noch nicht montiert, sondern kam in vielen Einzelteilen mit noch mehr verschiedenen Bändern bei mir an. Nach Absprache mit unserem Trainer Hugo Demski, wurde die Bogu frisch ausgepackt und dann wieder in die ebenfalls neue Bogu-Tasche verpackt, an unserem Samstagtraining mitgebracht. Da wir an diesem Tag auch Kuy-Prüfungen im Verein machten, zog sich der Zusammenbau noch etwas hin, aber dann... war es soweit. Unter Anleitung unseres Sportwartes Sven Schabram begann die "Montage" und nun fanden die vielen Bänder endlich ihren richtigen Platz. Danke Sven. Jetzt erfolgte, in Kurzform, die Erklärung wie die Rüstung anzulegen sei – gesagt getan, nach einigen Minuten war diese angelegt und wurde den kritischen Augen unseres Trainers vorgeführt.

Nachdem alles für gut befunden wurde, durfte ich das Men erstmal wieder absetzen und am Aufwärmtraining teilnehmen. Jetzt kam der Ernst im Leben eines Kendoka, das Training mit Rüstung begann und in meinem Kopf spukten solche Gedanken wie: "Bekomme ich genug Luft unter dem Men?"; "Sehe ich überhaupt, was ich da mache?" oder "Hoffentlich fällt mir das Shinai nicht aus der Hand!". Die ersten Minuten waren dann alles andere als "lustig", irgendwie hatte man alles vergessen, was man in den letzten Monaten beim Training gelernt hatte, es drückte überall und ich schwitzte dermaßen..! Mir ging jetzt durch den Kopf, ob das der Moment war, wo viele andere (auch leider aus unserem Verein) sich entschieden dem Kendo den Rücken zu kehren. NEIN – dafür habe ich zu lange und auch zu hart trainiert, um jetzt aufzugeben. Ich lies das Training ein wenig ruhiger angehen, um mich auf die neue Situation einzustellen und um auch meine Atmung umzustellen. Nach circa 10 bis 15 Minuten ging es, man erinnerte sich doch an das, was man gelernt hatte, und der "Spaß" stellte sich ein.

Die ersten Men-Schläge auf den eigenen Kopf – aha, deshalb sagte uns Hugo immer wir sollen es so und so machen und auch warum die Schläge auf das Kote nicht so hart sein sollten wurden mir jetzt sehr schnell bewusst. Trotzdem, es machte einen tierischen Spaß, auch wenn man es mir unter meinem Men vermutlich nicht angesehen hat. Leider hat das mit der Atmung nicht besonders gut hingehauen, was aber auch an einem Schnupfen gelegen haben könnte, so dass ich mit "Seitenstichen" ca. 15 Minuten vor Trainingsende abbrechen musste. Egal, am Mittwoch ist wieder Training... und ich bin dabei... mit Rüstung!

 

Dirk Schramm